Samstag, 3. Februar 2018

[Rezension] Ready Player One von Ernest Cline

Titel: Ready Player One
Autor: Ernest Cline
Genre: Dystopie, Science-Fiction
Erscheinungsdatum: 27.04.2017
Seiten: 544
Verlag: Fischer TOR
Format: Taschenbuch
ISBN-13: 978-3-596-29659-0
Originalpreis: 9,99€

Kurzbeschreibung: 
Im Jahr 2045 ist die Welt ein hässlicher Ort: Die Erdölvorräte sind aufgebraucht, ein Großteil der Bevölkerung lebt in Armut. Einziger Lichtblick ist die OASIS, eine virtuelle Ersatzwelt, in der man leben, arbeiten, zur Schule gehen und spielen kann. Die OASIS ist ein ganzes Universum, es gibt Tausende von Welten, von denen jede ebenso einzigartig wie phantasievoll ist. Und sie hat ein Geheimnis. 
Der exzentrische Schöpfer der OASIS hat tief im virtuellen Code einen Schatz vergraben, und wer ihn findet, wird seinen gesamten Besitz erben – zweihundertvierzig Milliarden Dollar. Eine Reihe von Rätseln weist den Weg, doch der Haken ist: Niemand weiß, wo die Fährte beginnt. Bis Wade Watts, ein ganz normaler Junge, der am Stadtrand von Oklahoma City in einem Wohnwagen lebt, den ersten wirklich brauchbaren Hinweis findet. Die Jagd ist eröffnet ... 

Meinung: 
Im April kommt die Verfilmung zum Roman unter der Regie von Steven Spielberg ins Kino. Ich selbst wurde durch einen freundschaftlichen Tipp auf das Buch aufmerksam. Die Thematik ist durchaus spannend. Eine dystopische Vision der Erde wird mit einer komplexen Form von Virtual Reality kombiniert. Um das Ganze aber noch verrückter zu machen, spielen auch unzählige popkulturelle Anspielungen auf die 80er eine übergeordnete Rolle und geben dem Roman einen ganz besonderen Charme.

Zugegeben lädt der Anfang nicht gerade dazu ein, in den Roman eintauchen zu können. Während der Einstieg zwar interessant, aber zäh ist und es furchtbar viele Informationen gibt, die auf einen einprasseln, lohnt sich das weiterlesen aber. Sobald die Handlung in Fahrt kommt, reißt sie auch mit. Es gibt einige geniale Plottwists, die sehr überraschend kommen. Generell kann man sagen, dass Cline hier viele originelle Ideen einfließen lassen hat, die miteinander verwoben ein fulminantes Feuerwerk ergeben. Gerade für Fans der Achtziger – oder jene, die in dem Jahrzehnt aufgewachsen sind – dürfte das Buch eine Art Liebesbrief voll Nostalgie sein. Aber auch wenn man die meisten Anspielungen nicht versteht, kann man das Buch lesen und trotzdem genießen. Die nerdigen Themen sprechen dabei vor allem Videospielfans an und auch einige filmische Referenzen finden sich, während Musik leider etwas in den Hintergrund tritt. Auch weniger versierte Leser, die sich mit den 80ern kaum auskennen dürften, hier aber die ein oder andere Referenz finden, die ihnen doch ein Schmunzeln entlockt. So kommt zum Beispiel auch ein schnieker DeLorean. Sehr schön war vor allem, dass diese ganzen Referenzen eher spielerisch eingebaut werden und dadurch nicht übertrieben wirken. Die Jagd nach dem Easter Egg ist ziemlich spannend beschrieben und hält einige Höhen und Tiefen für den Protagonisten bereit. Dabei wird die Geschichte vor allem realistisch gehalten – soweit man das bei einem derartigen Werk überhaupt sagen kann. Der „Held“ erreicht also nicht alles mühelos und muss auch mal ein paar Fehlschläge einstecken. Das Ende war sehr passend, auch wenn es nach dem Lesen des Romans ein bisschen widersprüchlich wirkt. Dennoch ist die Botschaft dahinter gut und erinnert an verwandte Romane wie „Erebos“ von Ursula Poznanski. Um fair zu bleiben gab es aber auch einen Punkt, der mir nicht so gefallen hat. Dazu gehörte vor allem die Liebesgeschichte des Romans, die zwar logisch und wichtig für die Handlung ist, aber für meinen Geschmack ab und an auch störende Ausmaße annahm und das typische trottelige Bild eines verliebten Jungen gezeichnet hat. Aber dennoch war es eine sehr gut integrierte Liebesgeschichte. Insgesamt ist die Amtosphäre sehr authentisch.

Wade, den wir zunächst nur als Parzival kennenlernen, ist ein recht durchschnittlicher Typ und doch sehr realistisch nachempfunden. Passend dazu, dass er fast die ganze Zeit in der OASIS verbringt, ist er kein blendend schöner Muskelprotz, sondern sogar ein bisschen dicklich. Man kann ihn vielleicht nicht als sympathischsten Protagonisten bezeichnen, aber gleichzeitig ist er auch nicht unsympathisch. Man kann sich gut in ihn einfühlen. Etwas abstrus fand ich, dass Wade – und auch die anderen Charaktere – sich eine schiere Unzahl an Wissen über die Achtziger und Hallidays exzentrische Art merken können, was aber auch wieder zeigt, wie viel Zeit sie eigentlich in der OASIS und mit der Suche nach dem Easter Egg verbringen. Trotz vielmaligem Anschauen könnte ich trotzdem keinen kompletten Film mitsprechen oder ständig beiläufig daraus zitieren. Und damit meine ich keine Zitate, die so eingängig sind, dass sie wirklich leicht zu merken sind a la „Ihr seid der schlechteste Pirat, von dem ich je gehört habe.“ – „Aber Ihr habt von mir gehört!“ (Fluch der Karibik). Wenn man diese Tatsache einmal ignoriert, sind die Charaktere aber sehr sympathisch und glaubwürdig ausgearbeitet und Wade wird schnell zu einem literarischen Freund. Wade erzählt aus der Ich-Perspektive, wodurch man natürlich einen noch intensiveren Bezug zu ihm bekommt.

Der Schreibstil Clines ist recht locker und einnehmend. Gleichzeitig gibt es viele markante Beschreibungen, was auch quasi nötig ist, da allein viele Videospiele umfangreich ausgeführt werden und man als Leser ein gutes Bild davon bekommen muss, gerade wenn man sich mit dem entsprechenden Spiel nicht auskennt. Das gelingt Cline aber mühelos. Er erschafft ein großartiges Kopfkino. Gleichzeitig wird man auch – nach der Einstiegsphase – nie vom Text erschlagen und gerade auch die Computerspielatmosphäre wird gut integriert.

Ja, der Roman hat mich tief beeindruckt und begeistert. Hat man erst einmal angefangen zu lesen, will man gar nicht mehr aufhören. Hier trifft einfach alles aufeinander. Eine spannende Geschichte, ein interessanter Weltenbau, ausdifferenzierte Charaktere, ein angenehmer Schreibstil ... – und dann wird das alles auch noch auf eine so raffinierte Art zusammengeführt, dass man sich dem Charme des Romans kaum entziehen kann. Die kleinen Macken werden geradezu überstrahlt von den Stärken der Geschichte.

Fazit: 
Lesen. Nein, ernsthaft. Wer Videospiele oder die Achtziger auch nur ein bisschen mag, popkulturelle Referenzen liebt, sich selbst als Nerd sieht oder auch einfach nur eine spannende und farbig erzählte Geschichte lesen will, ist hier richtig. Also: Ready Reader One!

Inhalt: 4/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Schreibstil: 5/5

Gesamt:

2 Kommentare:

Martin hat gesagt…

Das Buch ist auf meiner Wunschliste. Nach deiner Rezension bin ich nun erst recht gespannt auf das Buch. Erebos hat mich schon mehrfach begeistert. Gruß Martin

Gwee hat gesagt…

Also, man kann es natürlich nur in Ansätzen mit Erebos vergleichen, auch wenn die Botschaft die gleiche ist. Aber gerade das Videospiel-Thema wird hier groß behandelt.
Ich hoffe, das Buch darf bald bei dir einziehen und du hast viel Spaß damit. :) Für mich ist es bisher definitiv ein Jahreshighlight.

Liebe Grüße,
Diana

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