Montag, 19. Februar 2018

[Rezension] Die Stunde des Assassinen von R.J. Barker

Titel: Der Stunde des Assassinen
Reihe: The Wounded Kingdom
Band: 1
Autor: R.J. Barker
Genre: Heroische Fantasy
Erscheinungsdatum: 09.01.2018
Seiten: 464
Verlag: Heyne
Format: Klappenbroschur
ISBN-13: 978-3-453-31882-3
Originalpreis: 14,99€

Kurzbeschreibung: 
Girton Klumpfuß ist kurz davor, einer der besten Auftragsmörder des Landes zu werden, schließlich geht er bei Meister Karn in die Lehre, einer lebenden Legende im Geschäft mit dem Tod. Eines Nachts werden Girton und sein Meister jedoch an den Königshof gerufen: Innerhalb der dicken Steinmauern von Burg Maniyadoc wispert man hinter vorgehaltener Hand von einem geplanten Attentat auf den Kronprinzen. Getreu dem Motto "Um einen Mörder zu fangen, musst du einen Mörder schicken" heuert die Königin die beiden Assassinen an, um das Attentat zu verhindern. Weder Girton noch Meister Karn ahnen, dass der Anschlag auf den Prinzen erst der Beginn einer Reihe von Verschwörungen und Intrigen ist, die das gesamte Königreich in einen grauenhaften Krieg stürzen könnten, der auch vor loyalen Assassinen nicht haltmacht ... 

Meinung: 
Anti-Helden und im Speziellen Assassinen scheinen derzeit im Fantasygenre sehr beliebt zu sein. Auch dieses Buch schließt sich dem Hype mit den reißerischen Worten „Um einen Mörder zu fangen, musst du einen Mörder schicken“ an und lassen auf eine spannende Jagd hoffen lassen. Bei den Lesern der englischsprachigen Bücher hat der Roman bereits Wellen geschlagen und die Meinungen sind so divers, wie man bei einem solchen Werk erwarten kann. Die einen bezeichnen es als Zeitverschwendung, die anderen als erfrischend anders. Die Ansätze für letzteres sind definitiv da. Tja, habe ich mit dem Roman nun meine Zeit vergeudet oder war es wirklich mal etwas Neues?

Leider beginnt die Geschichte etwas irritierend und scheint sich durch einen humorvollen Unterton selbst ein wenig auf die Schippe zu nehmen. Das ist umso auffälliger, da der Grundton des Romans eher düster ist. Es wird eine öde, fast hoffnungslose Atmosphäre vermittelt, was gut mit dem Setting harmoniert, denn die Landschaft gleicht einer Einöde und Magie gilt als böse. Und damit wären wir dann auch schon beim historischen Anteil, denn dieser wurde recht gut ausgebaut und die Welt hat eine konsistente Historik vorzuweisen. Aber das hier ist eine Geschichte über Assassinen, warum sich also lange mit dem Erklären der Landschaft und Historik aufhalten? Ganz einfach: So interessant die Handlung im Verlauf auch wird, sie erschüttert erst einmal die Erwartungen des Lesers. Wer mit einer Art Verfolgungsjagd rechnet, bei dem die Assassinen sich gegenseitig um die Ecke bringen wollen, ist auf dem Holzweg. Genau genommen vermittelt die Kurzbeschreibung auch einen falschen Eindruck, denn es ist nicht der Assassine, der gesucht wird, sondern sein Auftraggeber. Und das lässt den ganzen Roman in einem anderen Licht erscheinen. Tatsächlich gestaltet sich die Suche nach dem Auftraggeber recht vorhersehbar: Girton und sein Meister ermitteln. Ist es also eine Art Fantasy-Krimi? Nein. Denn die Ermittlungen entwickeln sich in die entgegengesetzte Richtung von dem, was man erwarten würde. Anstatt die Verdächtigen einzugrenzen, werden es immer mehr. Und das ist wirklich verwirrend als Leser. Hinzu kommen kleine Ereignisse, die auf Dauer keine Rolle zu spielen scheinen und ungeklärt bleiben. Dennoch wird es nach einem langen zähen Teil des Romans spannend und sogar richtig ausgefuchst. Die Intrige, die hinter allem steht, ist gut gelegt und komplex und zeigt, dass Girton nur einen Bruchteil der gesamten Handlung überschaut hat und sich alles ganz anders gestaltet. Auch wird es endlich etwas actionlastiger. Etwas schade ist allerdings, wie offensichtlich Barker Hinweise gestreut hat. Vielleicht reimt man sich dadurch als Leser nicht zwingend die Hintergründe zusammen, aber kann bereits wichtige Komponenten erkennen.

Ein großes Problem im Buch ist Girton. Zu Anfang ist er nur leidlich sympathisch und es dauert, bis man sich langsam an seine Art gewöhnt hat. Nicht gewöhnen kann man sich allerdings daran, wie furchtbar naiv der Junge ist. Er ist natürlich noch ein bloßer Jugendlicher, aber er geht bei einem Assassinen in die Lehre und da sollte man eigentlich erwarten, dass er nicht auf alles hereinfällt. Im Gegenteil müsste er eigentlich ein skeptischer Mensch sein, aber davon war nichts zu sehen. Bis auf seine Assassinenfähigkeiten ist er nur ein normaler Junge. Daran ist auch eigentlich nichts verkehrt, denn seine Selbstzweifel lassen ihn realistischer wirken. Auch seine kleine Liebesgeschichte wäre kein Problem, wenn sie nicht so in den Vordergrund gestellt würde. Ja, er ist ein pubertierender Junge und eine gewisse Relevanz für die Geschichte ist da, aber es überwiegt fast den Assassinenanteil des Plots. Girtons Meister, Marela Karn, ist auch ein schwieriger Charakter. Man erfährt zwar im Lauf der Geschichte mehr über sie und auch über ihr Verhältnis zu Girton, aber obwohl sie ihn schon so lange kennt, wirken sie zusammen nicht konsistent. Mal vertraut, mal wie zwei Fremde. Insgesamt waren die meisten Charaktere schon interessant, aber manchmal hatte man das Gefühl einem Theaterstück beizuwohnen, bei dem die Schauspieler nicht immer die beste Performance ablegten.

Der Schreibstil passt eigentlich sehr gut zum Buch. Kühl, nüchtern, ja fast leidenschaftslos erzählt Girton als Ich-Erzähler seine Geschichte. Wie gesagt, es passt und erzeugt damit eine ganz besondere Stimmung, die sich durch den ganzen Roman zieht. Gleichzeitig muss man sich damit aber auch anfreunden können, denn ansonsten ist gerade der zähe erste Teil des Romans eine große Hürde. Barker bedient sich auch einer eigenen Sprache, die im Roman Gang und Gebe ist. So genannte „Gesegnete“ sind also keine Priester oder Magier, sondern augenscheinlich einfach nur Adelige.

Die Schwäche des Romans liegt ganz klar im ersten Teil. Gepaart mit den Erwartungen des Lesers kann sich dies zu einer echten Lesehürde entwickeln. Das Ende gleicht den Anfang dafür fast wieder aus. Endlich passiert etwas, auch wenn wiederum so viel passiert, dass nicht alles ganz schlüssig wirkt. Wenn man sich für Girton erwärmen kann und den Rahmen der Handlung interessant findet, ist die Geschichte durchaus unterhaltsam. Dennoch ist es keine typische Assassinengeschichte. Ich selbst habe mich am Anfang eher durch das Buch gequält und war ernüchtert dadurch, dass die Ermittlungen so unergiebig waren und das Ende eher losgelöst davon wirkte.

Fazit: 
„Die Stunde des Assassinen“ ist ein guter Roman, der allerdings unter dem leidet, was er sein soll. Wenn man nicht so auf das Assassinenthema pocht, ist es eine Geschichte mit einem sensiblen, kampftüchtigen Protagonisten, der langsam tiefer in die Intrigen der Adeligen eintaucht.

Inhalt: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Schreibstil: 4/5

Gesamt: 

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